Mittwoch, 12. Oktober 2011

Bei Konfuzius zu Hause


Die sogenannte Goldene Woche war mal wieder angesagt: Das ist die Oktoberwoche nach dem chinesischen Nationalfeiertag (1. Oktober) und die Hauptreisezeit für die Chinesen. In diesem Jahr sollen es nach amtlichen Angaben über 300 Millionen Chinesen gewesen sein, die als Touristen im eigenen Land umhergereist sind. Ich kann zwar die exakte Zahl nicht bestätigen, aber es war ein unglaubliches Menschenmeer, das mir auf meiner Reise nach und in Qufu (der Heimatstadt des Philosophen Konfuzius) begegnete.
Die Zugtickets waren vollkommen ausverkauft, sodass ich entgegen meinen eigentlichen Plänen nur zwei Tage in Qufu bleiben konnte, denn für die geplante Rückfahrt am Donnerstag, Freitag oder zur Not auch am Samstag gab es einfach keine Fahrkarten mehr. Einfach nichts zu machen!
Tausende von einheimischen Touristen waren nach Qufu geströmt, um dort einen Blick auf den Konfuzius-Tempel, die gleichnamige Residenz und das Konfuzius-Grab zu werfen. Ich bin auch an diesen Orten gewesen, aber die Menschenmassen machten ein längeres Verweilen kaum möglich. Das Foto zeigt den Ansturm auf das Grab des Philosophen; das war schon am Abend – etwa zehn Minuten vor Sonnenuntergang.

Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie groß der Ansturm am Tag gewesen sein muss. Die Chinesen sind dann auch – entgegen den vielleicht gängigen Vorstellungen – wenig zurückhaltend: Sie schieben, drängeln und schubsen! Die einzelnen Reiseführer mit ihren Megaphonen (eingestellt auf die höchste Lautstärke) überbieten sich in ihrem Lärm und Geschrei. Selbst wenn eine Reisegruppe nur aus vier oder fünf Touristen besteht, setzt der Reiseführer ein Megaphon ein, um sich rein lautstärkemäßig gegen die anderen Gruppen durchsetzen zu können. Am Ende ist es ein einziges Geschrei!
Es machte keinen Sinn, länger in Qufu zu bleiben, obwohl es dort sehr schön und interessant war; deshalb bin ich in das etwa zwanzig Kilometer südlich gelegene Zoucheng ausgewichen – die Heimatstadt von Menzius. Dort war es zwar ruhiger, doch als Ausländer sorgte ich dort für mehr Aufsehen: Alte Menschen und Kinder blickten mich an und riefen „Waiguoren! Waiguoren!“ (Ein Ausländer! Ein Ausländer!). Andere haben mich auch angesprochen und nach meiner Herkunft gefragt. In der abgelegenen Provinz ist ein Ausländer immer noch eine „außerordentliche“ und vermutlich auch seltenere Erscheinung und kann einiges Aufsehen erregen. Trotzdem hatte ich in den Morgenstunden den Menziustempel ganz für mich allein, wie das Foto zeigt.

Die Deutscholympiade in Tianjin


Vom 23. bis 25. September war es wieder einmal so weit: Die nationale Deutscholympiade fand statt. Es war diesmal die fünfte und sie wurde in Tianjin (Bezirk Beijing) veranstaltet.
Fast einhundert Schülerinnen und Schüler aus etwa fünfzig Schulen in ganz China kamen an diesem Wochenende in die Hafenstadt Tianjin und zeigten ihr Können in der deutschen Sprache. Auf dem höchsten Niveau, dem sogenannten C1-Niveau, gab es wieder interessante Präsentationen zu brisanten Themen, z. B.: „Die Ein-Kind-Politik“, „Bürgerschaftliche Erziehung“, „Bildungsungerechtigeit in China“ u. a.
Meine Schule – die Pudong Fremdsprachenschule – war mit zwei Schülerinnen (Melanie und Tina) und einem Schüler (Michael) auf allen drei Stufen vertreten. Im Vorfeld hatten wir uns gründlich vorbereitet und zwei Präsentationen erstellt: Auf dem B1-Niveau referierte Tina über Haustiere und die Frage, ob man Hunde lieber essen oder lieber als Haustier halten sollte, und Michael beschäftigte sich mit der Situation der Wanderarbeiter in China.
Am Ende kamen wir in allen Finals unter die besten fünf, aber für einen Platz auf dem Siegertreppchen hat es in diesem Jahr leider nicht gereicht. Die Konkurrenz aus Hong Kong und aus unserer Nachbarschule, der Shanghai Fremdsprachenschule, war übermächtig.
Die Gewinner der Olympiade bekommen eine Reise nach Deutschland, genauer nach Frankfurt, wo sie im Sommer an der Internationalen Olympiade teilnehmen können.

Zurück in Shanghai – Ein neues Schuljahr

Das neue chinesische Schuljahr ist nun drei Wochen alt und bereits in vollem Gange. In den entscheidenden Abschluss-Klassen – nämlich den Klasse 9 und 12 – wurden bereits schon wieder zahlreiche Prüfungen absolviert und sogar ein ganzer Prüfungstag abgehalten, an dem unter anderem mehrstündige Tests in den Fächern Chinesisch, Mathematik und Englisch geschrieben werden mussten.  
Am Ende der Klasse 9 wird in der Mittelstufen-Prüfung („Zhongkao“) entschieden, ob ein Schüler weiter an der Schule bleiben darf, um in die Oberstufe zu gehen oder ob er in eine andere Schule oder auf den Ausbildungsmarkt wechseln muss. Und am Ende der Klasse 12 wird die „Gaokao“ geschrieben, die man mit unserem Abitur vergleichen kann, die aber in einem ungleich höherem Maße darüber entscheidet, ob und an welcher Universität man studieren darf. Diese Schüler stehen jetzt – zu Beginn des Schuljahres – schon unter einem enormen Stress. Wochenenden oder Freizeit haben sie fast nicht mehr.
Ich selbst musste schon wieder ein Programm-Lehrertreffen sowie die Deutscholympiade in Tianjin vorbereiten und mitgestalten, sodass es auch für mich in diesen ersten Wochen schon wieder viel zu tun gab. Das beigefügte Foto zeigt meinen Schreibtisch in der Schule und lässt die typische Gestaltung chinesischer Lehrerzimmer erahnen.

Das wichtigste Ziel in diesem Schuljahr ist aber die DSD II Prüfung im Dezember (Deutsches Sprachdiplom). An dieser Prüfung – in der die Schüler relativ schwierige Lese- und Hörverstehensaufgaben bekommen sowie einen Aufsatz schreiben und eine Präsentation halten müssen – beteiligen sich die Schüler der Klasse 12. Die Ergebnisse entscheiden auch darüber, ob die Schüler in Deutschland studieren können oder nicht. Da dieses Testformat völlig anders ist als das chinesische, müssen die Schüler intensiv darauf vorbereitet werden. Das Foto zeigt einige Schüler in unserer deutschen Bibliothek. Sie absolvieren gerade einen Test zum Hörverstehen. Das Ergebnis wird leider nicht so gut ausfallen: Wir müssen noch üben!