Dienstag, 28. Dezember 2010

Redewettbewerb und Kaufverhandlungen in Chongqing

Am Wochenende vor Weihnachten bin ich mit einer Kollegin und zwei Schülerinnen (Inge und Viktoria) zum Ersten Redewettbewerb nach Chongqing geflogen. Diese Megacity (anders kann man diese gigantische Stadt nicht bezeichnen) liegt mitten in China und gilt als guter Ausgangspunkt für Jangtse-Kreuzfahrten. Doch diese finden im Winter nicht statt und so konnten und mussten wir uns ganz auf den Wettbewerb konzentrieren. Der Wettbewerb wurde nach dem Modell von Jugend debattiert ausgetragen.
In der Vorrunde wurde über die Frage debattiert: Sollen die Eltern ihren Kindern Computerspiele verbieten? Und im Finale, das Viktoria auch erreichte, ging es um das Thema: Sollen Schönheitsoperationen in China verboten werden? Unsere Schule holte bei insgesamt 12 Teilnehmern den respektablen 2. Platz und wir waren damit zufrieden; gewonnen hat die Fremdsprachenschule aus Wuhan.
Im Touristenviertel von Ciqikou habe ich dann am freien Sonntag einige buddhistische Tempelanlagen besichtigt. Blickt man über die Dächer der Tempel, dann sieht man eine seltsame Mischung aus verfallenden Häusern und riesigen Baustellen, auf denen fortwährend Hochhäuser hochgezogen werden. Die ganze riesige Stadt wirkt wie ein graues und schmutziges Durcheinander. Das Verkehrssystem ist chaotisch. Es gibt keine U- oder S-Bahnen; alles läuft über Taxis und Busse, wobei man doch eigentlich nicht sagen kann, dass „es läuft“, denn es steht alles permanent im Stau. (Vom Flughafen bis zu unserem Hotel brauchten wir etwa 2 Stunden; also fast so lange wie für den Flug von Shanghai nach Chongqing.)

Meine chinesische Kollegin verstand die Kellner und Taxifahrer in Chongqing nicht oder nur sehr schlecht und umgekehrt war es wohl ganz ähnlich. Hier bot sich mir ein ausgezeichnetes Beispiel für die Tatsache, dass Chinesisch nicht gleich Chinesisch ist, was man aber bereits in Suzhou (also praktisch vor der Shanghaier Haustür erfahren kann). Das Sprachwirrwarr erhöhte naturgemäß den Eindruck des Durcheinanders.
Ich ließ mich davon aber nicht abschrecken und verhandelte mit einem Souvenirhändler um ein Bild von Lei Feng – übrigens das erste, was ich in China bisher zu Gesicht bekommen habe. Der Händler begann bei 480 RMB und behauptete, es sei ein Original aus den 60er Jahren. Er zeigte fortwährend auf das Datum, das auf dem Poster aufgedruckt war. Ich sagte 40 und am Ende haben wir uns bei 80 RMB geeinigt (also umgerechnet etwa 9 Euro). Natürlich hat er dabei ein super Geschäft gemacht, aber mir war dieses Bild 80 RMB wert, das nun in meiner noch immer recht kahlen Wohnung hängt. Das Verhandlungsbeispiel zeigt, dass die Händler auf den Touristenmärkten es zunächst mit utopischen Summen versuchen … es empfiehlt sich (teilweise) wirklich auf etwa ein Zehntel des geforderten Wertes zu gehen. Ach so, wer nicht weiß, wer Lei Feng ist, der muss im Internet nachschauen.
Trotz dieser chaotischen und „überteuerten“ Verhältnisse hat es mir in Chongqing nicht schlecht gefallen, vielleicht komme ich einmal wieder in die Stadt, um eine Kreuzfahrt zu machen. Dort wohnen möchte ich freilich nicht.

Ausflug nach Suzhou

Am letzten Novembersamstag haben wir einen Ausflug nach Suzhou gemacht. Der Ausflug wurde von der hiesigen Gewerkschaft organisiert und finanziert; überhaupt – so hat man es mir gesagt – ist die Gewerkschaft hier nicht für Tarifverhandlungen und dergleichen zuständig, sondern vor allem für Kollegiumsausflüge.
Suzhou liegt etwa 80km westlich von Shanghai und ist vor allem durch seine Gärten berühmt. Der Ausflug führte uns unter anderem zur Ruiguang-Pagode und zu einer alten Befestigungsanlage am Großen Kanal, der einst Suzhou mit Peking verband. Suzhou, so erklärte es mir ein Kollege, zeichnet sich durch ein vorzügliches Feng-Shui-Gleichgewicht aus, sodass sich viele Chinesen auch gerne in Suzhou beerdigen lassen.
Die Stadt bietet aber auch für die noch Lebenden viele Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten. An einem großen Stadtsee konnte man Bootfahren, Tandemfahren, Drachen steigen lassen und alle möglichen Süßigkeiten bei Straßenhändlern naschen. Am Nachmittag ging es dann wieder im Schulbus zurück nach Shanghai.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Vorweihnachtliche Adventsgrüße

In Deutschland beginnt nun die Adventszeit und der Winter hat bereits – wie ich gehört habe – mit eisigen Temperaturen Einzug gehalten. Hier hingegen herrschen noch angenehme Temperaturen um die 20 Grad Celsius. Dennoch stimme ich mich auch schon mal auf die Vorweihnachtszeit ein und schicke allen „Frohe Adventsgrüße aus Shanghai!“
Dieser Schokoladenweihnachtsmann (siehe Foto) wurde für teures Geld (über 6 Euro!!) in Shanghai gekauft und steht nun unter der chinesischen Fahne. Oder flattert die chinesische Fahne über ihm? Das ist Ansichtssache. Jedenfalls stehen beide jetzt bei mir im Zimmer. Doch der Weihnachtsmann wird nicht lange überleben …


Die Deutscholympiade

Vom 19. – 21. November fand die Vierte nationale Deutscholympiade in Shanghai statt. Bei dieser mittlerweile recht prestigeträchtigen Veranstaltung nahmen dieses Jahr 75 Schüler von 42 Schulen aus ganz China teil. Als Favoriten gelten stets die traditionellen und man muss auch sagen elitären Fremdsprachenschulen aus Nanjing, Wuhan und Shanghai (Puxi). Der diesjährige Gastgeber war die Puxi-Fremdsprachenschule, in der man neben Englisch, Deutsch und Französisch beispielsweise auch Japanisch, Russisch, Italienisch und viele andere Fremdsprachen erlernen kann. In der Schule habe ich auch ein Bild und einen Spruch von Goethe gefunden, den ich bei dieser Gelegenheit als Foto einmal mit veröffentliche.



Meiner Schule, der Pudong Fremdsprachenschule, wurden immerhin Außenseiterchancen eingeräumt. Wir waren mit zwei Schülern – Franziska (Niveau B1) und Peter (Niveau A2) – vertreten. Der Wettbewerb fand auf drei verschiedenen Niveaustufen (A2, B1 und C1) statt und bestand auf den Stufen B1 und C1 im Halten einer Präsentation und einem anschließenden Gespräch über das Präsentationsthema.
Franziska überzeugte mit ihrer Präsentation „Das Oktoberfest“ in der Vorrunde und kam ins Final unter die besten acht. Das war für uns alle aus Pudong ziemlich aufregend, denn nun hatte wir auch Chancen auf den Sieg. Die Konkurrenz war hoch, aber Franziska brillierte bei der Präsentation und konnte auch im Gespräch die Jury inhaltlich und sprachlich überzeugen. Und so haben wir tatsächlich gewonnen. Das Foto zeigt unsere kleine „Pudonger Mannschaft“ nach der Preisverleihung: meinen Kollegen Herrn Song, Peter (in unserer Schuluniform), Franziska und mich. Als Preis hat Franziska eine 14tägige Reise nach Deutschland gewonnen … und wer will kann sie dort also im Sommer treffen und sich von ihren wirklich guten Deutschkenntnissen überzeugen.

Das C1-Finale fand auf beeindruckend hohem inhaltlichen und sprachlichen Niveau statt. Interessanter- und für mich überraschenderweise wurden dabei auch sehr chinakritische Themen vorgeführt. Ein Schüler (aus Wuhan) berichtete über das umstrittene System der „Haushaltsregistrierung“, nach dem Stadt- und Landbevölkerung unterschiedlich behandelt werden. So gibt es in China beispielsweise nicht das in unserem Grundgesetz verankerte Recht auf Freizügigkeit.
Eine Schülerin (aus Nanjing) thematisierte den Begriff der „Restfrauenzeit“, hinter dem sich das für China besondere Phänomen der unverheirateten Akademikerinnen verbirgt.
Der erste Preis wurde aber für einen Vortrag vergeben, der sich mit einem recht deutschen Thema beschäftigte, nämlich der Frage nach der Verlängerung der Restlaufzeiten für deutsche Atomkraftwerke. Am Ende kamen alle Sieger aus Shanghai. War dies nun Zufall oder ein Heimvorteil?