Am Wochenende vor Weihnachten bin ich mit einer Kollegin und zwei Schülerinnen (Inge und Viktoria) zum Ersten Redewettbewerb nach Chongqing geflogen. Diese Megacity (anders kann man diese gigantische Stadt nicht bezeichnen) liegt mitten in China und gilt als guter Ausgangspunkt für Jangtse-Kreuzfahrten. Doch diese finden im Winter nicht statt und so konnten und mussten wir uns ganz auf den Wettbewerb konzentrieren. Der Wettbewerb wurde nach dem Modell von Jugend debattiert ausgetragen.
In der Vorrunde wurde über die Frage debattiert: Sollen die Eltern ihren Kindern Computerspiele verbieten? Und im Finale, das Viktoria auch erreichte, ging es um das Thema: Sollen Schönheitsoperationen in China verboten werden? Unsere Schule holte bei insgesamt 12 Teilnehmern den respektablen 2. Platz und wir waren damit zufrieden; gewonnen hat die Fremdsprachenschule aus Wuhan.
Im Touristenviertel von Ciqikou habe ich dann am freien Sonntag einige buddhistische Tempelanlagen besichtigt. Blickt man über die Dächer der Tempel, dann sieht man eine seltsame Mischung aus verfallenden Häusern und riesigen Baustellen, auf denen fortwährend Hochhäuser hochgezogen werden. Die ganze riesige Stadt wirkt wie ein graues und schmutziges Durcheinander. Das Verkehrssystem ist chaotisch. Es gibt keine U- oder S-Bahnen; alles läuft über Taxis und Busse, wobei man doch eigentlich nicht sagen kann, dass „es läuft“, denn es steht alles permanent im Stau. (Vom Flughafen bis zu unserem Hotel brauchten wir etwa 2 Stunden; also fast so lange wie für den Flug von Shanghai nach Chongqing.)
Meine chinesische Kollegin verstand die Kellner und Taxifahrer in Chongqing nicht oder nur sehr schlecht und umgekehrt war es wohl ganz ähnlich. Hier bot sich mir ein ausgezeichnetes Beispiel für die Tatsache, dass Chinesisch nicht gleich Chinesisch ist, was man aber bereits in Suzhou (also praktisch vor der Shanghaier Haustür erfahren kann). Das Sprachwirrwarr erhöhte naturgemäß den Eindruck des Durcheinanders.
Ich ließ mich davon aber nicht abschrecken und verhandelte mit einem Souvenirhändler um ein Bild von Lei Feng – übrigens das erste, was ich in China bisher zu Gesicht bekommen habe. Der Händler begann bei 480 RMB und behauptete, es sei ein Original aus den 60er Jahren. Er zeigte fortwährend auf das Datum, das auf dem Poster aufgedruckt war. Ich sagte 40 und am Ende haben wir uns bei 80 RMB geeinigt (also umgerechnet etwa 9 Euro). Natürlich hat er dabei ein super Geschäft gemacht, aber mir war dieses Bild 80 RMB wert, das nun in meiner noch immer recht kahlen Wohnung hängt. Das Verhandlungsbeispiel zeigt, dass die Händler auf den Touristenmärkten es zunächst mit utopischen Summen versuchen … es empfiehlt sich (teilweise) wirklich auf etwa ein Zehntel des geforderten Wertes zu gehen. Ach so, wer nicht weiß, wer Lei Feng ist, der muss im Internet nachschauen.
Trotz dieser chaotischen und „überteuerten“ Verhältnisse hat es mir in Chongqing nicht schlecht gefallen, vielleicht komme ich einmal wieder in die Stadt, um eine Kreuzfahrt zu machen. Dort wohnen möchte ich freilich nicht.