Mittwoch, 8. Juni 2011

Zu Besuch bei Mao


Meine letzte Reise in diesem Schuljahr führte mich in eine ganz typisch chinesische Touristengegend: in die Provinz Hunan. Ausländischen Touristen begegnet man hier eher selten. Es ist die Provinz, in der Mao Zedong geboren wurde und aufgewachsen ist. Der Geburtsort von Mao – Shaoshan – liegt etwa 90 Kilometer südwestlich von der Provinzhauptstadt Changsha.
Von Changsha aus wollte ich den Zug nehmen, doch dieses Unternehmen scheiterte um sechs Uhr morgens, als man mir in der Bahnhofshalle einfach keine Tickets verkaufen wollte; den Grund habe ich nicht genau verstanden. Es blieb mir dann nichts anderes übrig, als mich einer der zahllosen chinesischen Touristengruppen anzuschließen, die mit riesigen Reisebussen aufs Land gekarrt werden. Dies war freilich auch ganz interessant und eben auch typisch chinesisch. Bei starkem Regen fuhr der voll besetzte Ausflugsbus Richtung Shaoshan und traf dort auch zwei Stunden später ein. Im Bus lernte ich Chinesen aus dem ganzen Land kennen: aus der Inneren Mongolei, aus dem Uigurengebiet usw. Einige zeigten mir auch mit Stolz ihr kleines rotes Parteimitgliedsbuch.
Shaoshan ist der reinste „Wallfahrtsort“: Es findet eine richtige Mao-Verehrung statt und die Touristenströme scheinen endlos. Im Ort selber gibt es viele Mao-Statuen, vor einigen verneigt man sich auch ehrfurchtsvoll in Gedenken an den toten Vorsitzenden. Es gibt unzählige Souvenirstände und dann natürlich das Elternhaus von Mao und ein großes Museum. Eine lange Schlange wartet vor Maos Geburtshaus und wird im Gänsemarsch hindurch geschleust. Jeder lässt sich natürlich vor dem Eingang in das ehemalige Bauernhaus fotografieren.  
Diese Mao-Verehrung ist schon etwas befremdlich, wenn man bedenkt, dass dieser Mann in der westlichen Geschichtsschreibung immer wieder mit Hitler oder Stalin in eine Reihe gestellt wird. Wir haben es hier nochmals mit einem schönen Beispiel für die ganz andere Perspektive auf die Realitäten zu tun, die mir während meines chinesischen Aufenthaltes schon so oft begegnet ist.

Zum Schluss also noch ein Mao-Zitat: 
Eine Revolution ist kein Gastmahl, kein Aufsatzschreiben, kein Bildermalen, kein Deckchensticken.